Ein Tag der Einweihung?
Jede Geschichte lässt sich aus vielen Perspektiven heraus erzählen. Und wir erfinden unsere eigenen Lebensgeschichten jeden Tag neu. Rückblickend. So empfinden wir eine Situation im Moment des Erlebens als befremdlich oder gar dramatisch und können einen Tag später eine Komödie daraus machen. Gestern war ein Tag, der mich mit vielen Fragezeichen zurückgelassen hat, weshalb ich froh bin, erst heute darüber zu schreiben. Gestern wäre auch keine Energie mehr da gewesen, um aus einer höheren Sicht davon zu erzählen. Wir waren beide erschöpft und sehnten uns nach ausgiebigem Schlaf, nachdem wir endlich einen offenen Campingplatz gefunden hatten. Doch nun der Reihe nach. Als wir in einer Touristeninfo in St. Maximin nach dem Weg zur Mariengrotte fragten, empfahl man uns morgens hinaufzugehen, da das Wetter am Mittag kippen sollte. Die Dame empfahl uns einen geeigneten Parkplatz für unseren Camper und wünschte uns eine gute Zeit. Wir hatten ja berichtet, dass wir den Parkplatz fanden und von dort aus morgens los wollten. Wir entschieden hoch zu laufen und erst danach zu frühstücken. Da es bereits morgens sehr frisch war, packten wir uns warm ein. Allerdings rechneten wir mit einem baldigen Rückmarsch, weshalb ich nur Sommerturnschuhe trug und eine Sommerjeans. Wenn man sich bewegt, war diese Montur absolut ausreichend, da ich dicke Jacken dabei hatte. Als wir nach ca. 45 Minuten Aufstieg die Grotte erreichten, fanden wir eine verschlossene Tür vor. Im Winter öffnete dir Grotte erst um 8.30 Uhr. Wir waren eine Viertelstunde zu früh. Hier sieht man wieder, dass es weder zu früh, noch zu spät gibt. Denn wäre das Wetter besser und wir später gewesen, hätten wir nicht den Luxus erlebt, vollkommen alleine in diesem Touristenmagneten sein zu dürfen. Überall wurde daran erinnert still zu sein und den Platz zur Kontemplation zu verwenden. Wir setzten uns nach einer kurzen Besichtigung der Höhle hin und meditierten. Noch war mir sehr warm vom Aufstieg und dennoch machte es mich ein wenig unruhig die Einladung meines Lichts zu hören. „Verbringe den Tag hier. Lass Sara allein hinabsteigen.“ Mein Licht spricht nie Anweisungen oder Befehle aus. Es sind immer nur Wachstumseinladungen, die ich annehmen oder abschlagen kann. Ich wusste sofort, dass ich diese Einladung annehmen möchte. Sara ist zum Glück eine der Frauen, die kein Problem damit haben alleine in unbekanntem Gebiet umherzuziehen und so ließ sie mir noch ihre Wasserflasche da und zog ihres Weges. Ich spürte große Dankbarkeit in ihre Richtung, da sie mir nie das Gefühl gibt, etwas Unmögliches von ihr zu verlangen. Weder als ich sie fragte, ob sie mitreist, noch jetzt. Ich spürte, dass ich auch nichts essen sollte, da ich kein Proviant dabei hatte und es auf dem Berg weder Toilette, noch Gastronomie gab. Man wollte es ursprünglich halten und ich kann bestätigen, dass es sich auch so anfühlt, wenn man mal die ganzen religiösen Elemente (vor allem furchtbar hässliche Kreuzigungsszenerien) weglassen würde. Für mich kam der ganze Zauber aber vor allem durch die Stille, in der ich eine Stunde dort zubringen durfte, bis die ersten Touristengruppen kamen und die Bitte um Stille ignorierten. Doch davon ließ ich mich kaum beirren. Mein Geist befand sich irgendwo, aber nicht in Gänze an nur einem Ort. Bis jetzt kann ich nicht sagen, was dort geschah. Das Ego wurde mal wieder ausgeklammert und ich ließ mich darauf ein, nicht zu verstehen, wozu meine Zeit in der Grotte gut war. Je länger ich meditierte, desto kälter wurde mir, obwohl ich so viele Schichten am Oberkörper trug. Als die Kälte so stark wurde, dass ich mich nicht mehr auf die Meditation einlassen konnte, begab ich mich nach einem kurzen Abstieg von der Grotte auf eine Miniwanderung, um warm zu werden und entdeckte unsagbar schöne Wege, die so ursprünglich waren, dass ich mir wünschte, wir hätten besseres Wetter und ein paar Wochen Zeit. Dort hätte ich ewig klettern können, so schön klein waren die „Pfade“, die im Grunde keine Pfade waren. Man kletterte über Wurzeln und rutschte über Steine. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, das noch mehr Neugier als Angst im Herzen trägt. Es kam schon der Gedanke auf, wer mich findet, wenn ich mich hier mal vertrete und abrutsche. Aber der Gedanke blieb klein, da ich um den Schutz meines Lichtes weiß. Da ich um ihn weiß, geschieht mir nichts, was mir das Gefühl gibt, allein und verloren zu sein. Da immer das geschieht, woran ich tief in mir (oft unbewusst) glaube, habe ich keine Sorgen mehr in der Art, wie ich sie früher hatte.
Nachdem ich mich wieder warm gelaufen hatte, stieg ich wieder in die Grotte hinauf und verbrachte dort erneut Zeit. Auf die Uhr schaute ich nicht, denn die Zeit verlor ihre Gültigkeit während des gestrigen Tages. Ich befand mich in mir an einem Ort, der jenseits von der irdischen Zeit zu existieren schien. Wenn ich mal auf das Handy blickte, war ich stets überrascht, wie viel Zeit auf der Uhr vergangen war, während ich dachte, es sei nicht viel Zeit vergangen. Das wunderte mich vor allem deshalb, weil mir so kalt war. Normalerweise vergeht Zeit dann langsamer. Als ich mich wie ein steif gefrorenes Hühnchen fühlte, verließ ich die Grotte erneut und stieg die vielen Stufen wieder herab. Unten an den Treppen gab es die Möglichkeit noch einen anderen Weg zu nehmen und dieser Weg führte mich hinauf auf den Berggipfel. Die Grotte lag logischerweise im Berg, nicht auf dem Berg. Während ich den Aufstieg begann, veränderte sich das Wetter. Es begann zu regnen, es wurde windiger und unangenehm kalt. Ich überholte ein Pärchen, dem der Aufstieg beschwerlich erschien und ich stellte später fest, dass sie umgedreht sind, denn an der Kapelle blieb ich allein. Der Weg zu dieser gestaltete sich interessant. Der Nebel erschwerte die Sicht und mit den Wegen nahm es dieser Berg nicht so genau. Der „Weg“ hinauf zur Kapelle wurde durch Geröll gestaltet und ich wusste zwischendurch gar nicht, wohin ich lief. Da mein grundsätzlicher Orientierungssinn weit unterhalb des Durchschnitts liegt, staunte ich über die Ruhe in mir und das absolute Vertrauen, auf dem richtigen Weg zu sein. Erst am Abend reflektierte ich die Angstlosigkeit, die mich durch diese sieben Stunden am Berg begleitete. Meine Mutter muss inzwischen an Wunder glauben, denn mit 15 Jahren konnte sie mich nicht mal in einem Kaufhaus irgendwo alleine stehen lassen, ohne dass ich Panik bekam nie wieder zu ihr oder nach Hause zu finden. Seitdem ich denken kann, war meine größte Angst verloren zu gehen. Das wurde erst im Erwachsenen alter besser und hat sich in den letzten 1,5 Jahren vollkommen aufgelöst. Ich fühle mich nirgends mehr verloren oder allein. Das habe ich der Rückverbindung mit meinem Licht zu verdanken. Wir sind immer überall zumindest zu zweit. Ich als Person zusammen mit der Wahrheit meines allumfassenden Seins in der Ewigkeit. Zusammen sind wir immer öfter ein ganz passables Team. Doch zurück zum Aufstieg in die Kapelle. Als ich sie plötzlich entdeckte, freute ich mich sehr, denn der Wind pustete heftig, es regnete und ich konnte den Schutz des Gemäuers kaum erwarten. Doch kaum hatte ich Platz genommen, wurde mir klar, dass es dennoch sehr frisch bleiben würde. Die kalte Steinbank deckte ich mit meinem Schal ab, bevor ich mich setzte. Nun, da war ich also. Allein auf 1152 Metern, in der Kapelle, die sehr klein war. Mit mehr als 6 Menschen hätte man keinen Platz gehabt. Doch es kam ohnehin niemand. Wer würde bei diesen Sichtverhältnissen und bei dem Regen schon zu mir stoßen? Mir wurde klar, dass ich zwar auf der einen Seite nicht ganz zufrieden mit den Umständen war, doch andererseits wurde mir diese tiefe Erfahrung aufgrund der Umstände ermöglicht. Sowohl in der Grotte als auch hier oben durfte ich nur für mich sein. Und das ermöglichte ungestört durch Prozesse des Widerstands zu gehen. Oh, wie haderte ich. Sowohl in der Grotte als auch in der Kapelle schien ich nichts zu hören. War ich es gewohnt sonst meist sehr gut mein Licht zu hören, umgab mich unerwartete Stille. „Wozu soll ich hier sein, wenn ich doch nichts empfange, was uns allen dient?“ Es kam immer der gleiche Satz zurück. „Doch, du hörst mich.“ Erst wollte ich verneinen, doch das würde bedeuten, dass ich genau das kreiere, was ich nicht will. „Also gut. Ich höre dich. Aber ich empfange keine Botschaft.“ „Vielleicht geschehen Dinge, die du nicht hören brauchst. Was ist mit deinem Vertrauen in der absoluten Stille?“ Hm. Ich gab meinem Licht Recht. Zu vertrauen, wenn man etwas hört, ist einfach. Wenn man aber, wie es nämlich den allermeisten Menschen ergeht, vertrauen soll ohne zu hören, ist das eine andere Nummer. Ich entschied mich zu vertrauen, dass der Prozess gerade wichtig ist, auch wenn ich nichts hörte, mich an nichts erinnerte und keine Bilder kamen. Dennoch fragte ich in regelmäßigen Abständen nach, wieso ich mich nicht konkreter erinnern kann. „Das tust du gerade. Was glaubst du, hat Maria Magdalena hier erlebt. Glaubst du, sie hat Jesus rund um die Uhr bei sich gehabt und war ständig glückselig?“ Ich dachte nach. Ja, so hatte ich mir das vorgestellt. In meiner Vorstellung lebte sie sehr zufrieden in dieser Grotte und fand große Erfüllung im Zusammensein mit Jesus. „Sie war ein Mensch. Und du sollst erinnern, dass Zweifel, Ungeduld und Zeiten des Nichtverstehens dazu gehören. Maria hat ihr Leben Gott geschenkt, so wie du. Und dennoch ist sie durch Zeiten der Schwere gegangen und war nicht immer glückselig. Sie hat die Grotte genutzt, um ihre Ungeduld, ihre Bedürftigkeit zu transformieren und hat ihre Seele durch viele Nächte hindurch geführt. Verklärt die Heiligen nicht. Denn sonst hältst du dich für unheilig, nur weil du dich menschlich fühlst. Niemand, der von euch für heilig erklärt wurde, hatte nicht auch menschliche Regungen. Kurz vor der Erleuchtung verschwinden die Zweifel. Doch bis dahin sind sie ein ganz normaler Bestandteil des Weges. Seid also milde mit euch, wenn ihr zweifelt und hadert, wenn ihr nichts hört, nichts versteht. Erinnerst du dich an den Grund, wieso du dich von mir abgekehrt hast?“ Ich habe mich nicht von dir abgekehrt, sondern von der Kirche. Ich hatte so viele Fragen bezüglich der Schöpfungsgeschichte und alles, was der Pfarrer geantwortet hat, war: „Zweifel gehören zum Glauben dazu.“ Mein Licht: „Du konntest diese Antwort damals nicht richtig einordnen. Jetzt kannst du es. Auch der Gläubigste wird geprüft, um die nächste Stufe zu erklimmen. Wie willst du dein Licht erinnern, wenn es um dich herum ständig hell ist? Es muss dunkel werden, damit du dich an dein Licht erinnerst. Gestern ist es dir in dem Moment gelungen, als du kreativ wurdest und die Wunderkerzen entdeckt hast.“ Oh ja. Das war ein besonderer Moment. Ich saß zuvor lange nur da und hörte nach innen. Ich wurde zwischendurch wütend, weil ich dich nicht so wahrnahm wie sonst. Und dann, weil mir so kalt war, wollte ich mich bewegen und hantierte mit meinem Rucksack rum. In den Seitentaschen fand ich durchnässte Wunderkerzen und sogar ein Feuerzeug. Ich freute mich wie ein Kind, als ich wusste, dass ich gleich Licht sehen würde. Doch der Durchzug und die Nässe erschwerten das Anzünden. Ich brauchte einige Minuten, bis die erste Kerze brannte. Aber das Gefühl, als die Funken sprühten, war wunderschön. Als habe ich in mir etwas angezündet. Und ich hörte dich in dem Moment sagen: „Jetzt hast du mich verstanden! Ich kann nicht für dich handeln. Das ist dein Job. Meine Worte sind für dich Trost, aber die Handlung kommt aus dir. Du bist das Licht und nur aus dir heraus kommen die Funken. Ich kann dir nichts mehr abnehmen, was du längst entdeckt hast. Du weißt um dein Licht in dir. Nutze es, um die Funken sprühen zu lassen. Erkenne, dass ich dich führe, aber nicht mehr als du es noch nötig hast. Du willst immer mehr dein Licht sein und dafür darfst du lernen in der Dunkelheit aus dir selbst heraus Lösungen zu entwickeln. Ich bin in dir. Du erwartest, dass sich der Himmel auftut und dir etwas erscheint. Aber ich lebe durch dich auf der Erde und das ist dein Auftrag. Mich zu leben. Aus liebevollem Geist heraus zu erschaffen.Bis du keine Dunkelheit mehr empfinden kannst. Verlasse immer wieder deine Komfortzone und lerne im Dunkeln deine Wunderkerzen anzumachen. Du bist das Licht. Ihr alle seid es. Wartet nicht darauf, dass es Licht außerhalb von euch gibt, das für euch handelt. Euer Licht ist mir Befehl. Du entzündest deine Wunderkerze und ich werde alle anderen Wunderkerzen zu dir führen, der du angefangen hast, die Mittel zu nutzen, die dir gegeben sind. Ihr tragt sowohl die Kerzen als auch das Feuerzeug bei euch. Und doch warten viele darauf, dass wer anders beides zusammen führt. Findet in euch selbst die Möglichkeit die Funken wieder sprühen zu lassen. Es gibt niemanden ohne diese Werkzeuge.“
Jetzt weiß ich, wieso ich erst heute schreibe. Gestern hätte ich all die Zusammenhänge nicht in der Tiefe verstehen können. Die Nacht hat in mir gereinigt und geklärt. Nachdem ich einige Wunderkerzen in Gedenken an alle Menschen angezündet hatte, kam ein Pärchen zu mir. Zwei Franzosen. Sie nutzten den Schutz der Kapelle, um ihr Handy zu checken. „Ein fantastisches Wetter, um zu wandern, oder? Wo willst du denn hin?“ fragten sie mich und fanden ein verdattertes Gesicht vor. Wo ich hin will? Da war er wieder. Der Spagat zwischen den Welten. Für den Menschen ist es normal einen Plan zu haben. Und es würde wohl kaum jemand verstehen, wenn ich sage: „Ich weiß es nicht. Ich bin einfach nur gerade hier.“ Doch das wäre die ehrlichste Antwort, die ich hätte formulieren können. Es kam nur Gestammel aus mir. Ich sagte sinngemäß, dass ich nachher von einer Freundin abgeholt werde und wir noch nicht wissen, wohin wir weiter reisen. Wir schauen jeden Tag neu. Wenn jemand so etwas sagt, stellt man sich vielleicht ein Leben auf den Spuren des Genusses vor. Ich jedenfalls denke an Menschen, die der Sonne hinterher reisen. Doch mich fanden sie mit vollkommen falscher Kleidung auf 1152 m allein in einer Kapelle vor, die man im Grunde nicht verlassen konnte, wenn man nicht ein klares Ziel hatte. Ich fühlte, wie sich die beiden innerlich von mir entfernten, weil sie mich nicht verstanden. Nachdem sie gegangen waren, machte ich mich auch auf den Weg und stieg vorsichtig herab, bis ich wieder an dem Punkt angelangt war, an dem ich hoch zur Grotte hinauf kam. Meine Beine wurden langsam müde, der Magen knurrte kaum, aber mir war leicht schummrig. Doch das war Jammern auf hohem Niveau. Vor mir ging ein älterer Herr mit einem Turban auf dem Kopf. Er lief in Begleitung einer jüngeren Dame, die alle paar Schritte mit ihm stehen blieb. Er hatte Dreadlocks und seine Ausstrahlung hatte etwas von einem Yogi. Jedenfalls spürte ich Demut und Ehrfurcht, als ich an ihm vorbei ging. Er unterschied sich von allen anderen Menschen, die ich dort bislang erlebt hatte. Er schien in sich selbst die Demut und Ehrfurcht genährt zu haben und ich nahm vermutlich nur seine eigene Haltung wahr. Ich wurde inspiriert. Auch ich darf noch mehr davon in mir nähren. Ich empfand diese kurze Begegnung, die im Grunde nur aus einem „Bonjour“ bestand, als riesiges Geschenk. Inspiriert zu werden, ist für mich immer wieder ein Segen. Als ich die letzten Stufen erklommen hatte, war ich froh in der Grotte sitzen zu dürfen. Mir war zwar noch trotz des Marsches kalt, doch ich hielt es gut aus. Kaum hatte ich mich auf die hinterste Bank gesetzt, durchströmte mich ein Satz, der nicht mehr verschwand. Immer wieder und wieder lief er wie ein Mantra ab und ich konnte nichts tun, um ihn verschwinden zu lassen. Dieser Satz kam nicht von mir. Es war kein Gedanke, den ich dachte, sondern er wurde mir gegeben und ich kann ihn bis jetzt nur schwer einordnen. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich ihn teilen möchte, aber vielleicht klärt es sich ein Stück weit, wenn ich ihn mit dir teile. Der Satz lautete: „Ich diene dem Geist der weißen Maria.“ Mein Geburtsname ist Bianca Maria oder Maria Bianca, je nachdem, ob man die Version meines Vaters oder die meiner Mutter nimmt. Beides bedeutet „weiße Maria“. Bislang habe ich der Bedeutung keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Nachdem ich erst im Juni die Taufe von Bianca zu Maria erfuhr, scheint gestern eine Zusammenführung der Namen stattgefunden zu haben. Aber wer ist denn da mit „ich“ gemeint? „Ich“ könnte der Teil des Geistes sein, der immer wählen kann, ob er dem Ego oder dem Heiligen Teil in sich folgt. Aber dieser Teil ist meinem Dafürhalten der bewusste Teil. Ich kann mich bewusst für das eine oder das andere entscheiden. Dieser Satz kam aber nicht aus dem Bewussten. Es war fast so, als habe ich den Satz oben auf dem Berg eingesammelt oder dort irgendeine Voraussetzung erschaffen, um ihn in der Grotte empfangen zu können. Mein Verstand kann dem Prozess noch nicht folgen. Und es ist in Ordnung etwas nicht zu verstehen. Als ich damals die graue Jacke gekauft habe, obwohl ich sie nicht schön fand, habe ich auch vertraut, dass mein Licht weiß, was es tut. Als ich bibbernd in der Grotte saß, war ich diesem Kauf unendlich dankbar, weil ich keine Jacke hatte, die mich wärmer gehalten hätte. Das Grau bekam eine für mich sehr berührende Bedeutung, als ich das Grau der Grotte wahrnahm. Auch das ist wieder nur eine Geschichte, die ich mir erzähle, aber sie fühlt sich rund an und sie befindet sich im Einklang mit meinem Herzen. Und was ist denn das Göttliche selbst als ein nie endendes Geschichtenerzählen? Ist nicht unser kreativer Moment das Göttliche? Wann sind wir im Flow? Wenn wir aus uns heraus entwerfen und erschaffen. Deshalb nehme ich den Satz mit auf die Reise der nächsten Zeit und schaue, welche Bedeutung er noch haben wird. Sara sollte mich erst um 16 Uhr abholen, aber sie machte sich schon eher auf den Weg, um mir Tee und warme, trockene Kleidung zu bringen. Dankbar nahm ich alles entgegen und fuhr dann mit meiner Meditation fort. Mein Entschluss bis 16 Uhr zu bleiben, war stabil. Doch mein Licht sprach: „Sei dir gewiss, dass du in diesem Leben als Maria Magdalena ausreichend Entbehrung erfahren hast. Du hast dir für dieses Leben keine Entbehrung auf den Plan geschrieben. Du solltest dich erinnern, dass du ausreichend gedient hast und nun die Erlaubnis aus dir selbst heraus gibst, es wert zu sein meine Worte in die Welt zu bringen. Du bist bereit. Und nun steige mit Sara runter.“ Sara schaute mich erstaunt an, als ich ihr zuflüsterte, wir könnten gehen. Eine Stunde eher als gedacht, konnten wir uns wieder im Camper einfinden und es gab nicht viele Momente in meinem Leben, in denen ich mich so sehr über eine Heizung und Essen gefreut habe. Saras selbst gebackenes Brot fühlte sich an wie ein Fünf-Sterne-Essen. Als wir uns dann noch einen Nürnberger Lebkuchen teilten, war ich wie im Himmel. Sara war an dem Tag gleich zwei Mal den ganzen Weg zur Grotte hochgelaufen und sie war, nachdem sie mich morgens verabschiedet hatte, ebenfalls zur Kapelle aufgestiegen. So spürten wir beide die Erschöpfung, als wir durch die Dunkelheit fuhren. Wir sprachen nicht viel, sondern suchten nach Unterkünften. Ich wollte unbedingt eine Badewanne und war auch bereit Geld für ein Hotel auszugeben. Doch wir fanden nichts Passendes und strandeten bei sehr unangenehmen Witterungsbedingungen unterhalb von Frejus bei einem Campingplatz, der zwar geöffnet war, aber dessen Rezeption bereits im Dunkeln lag. So wie das ganze Land und das Meer, das wir nur erahnen konnten. Wir stiegen aus und überlegten, was wir jetzt tun sollten, als im Dunkeln ein Mann auf uns zukam und warmherzig erklärte, wir könnten uns irgendwohin stellen und am nächsten Morgen einchecken. Er war der Besitzer des Platzes. Als er bemerkte, wie dankbar wir ihm waren, öffnete er sogar noch einmal die Rezeption und erklärte uns ausführlich, wo wir am günstigsten stehen konnten. Ich bekam den Impuls ganz nah am Waschhaus stehen zu wollen und er gab uns den Platz gleich daneben. Erst am Morgen verstand ich, wieso wir am Wachhaus stehen sollten. Es hatte einen sehr antiken Ausdruck und ich fühle mich wirklich wie in einer anderen Zeitzone, in der Sara und ich noch gemeinsam durch die Lande zogen.
Als wir uns eine Gute Nacht wünschten, prasselte der Regen noch auf das Camperdach und wir konnten nicht glauben, dass es am nächsten Morgen sonnig sein sollte. Nach einer ordentlichen Portion Schlaf blickten wir aber tatsächlich in strahlend blauen Himmel. Die Freude über die Sonne lässt sich nur vor dem Hintergrund des gestrigen Tages verstehen. Wenn wir uns aus der Komfortzone heraus bewegen, lässt sich das Leben mit noch mehr Dankbarkeit empfinden. Es geht bei dem Verzicht auf Wärme und Essen nicht um eine Opfergabe an irgendwen im Außen, es geht nicht um eine Selbstbestrafung. Es geht darum seine innere Kraft und Klarheit zu erinnern und da verhält es sich wie mit einem Grashalm, der im Wind aufwächst. Er wird einfach stabiler, weil er lernt mit dem Wind umzugehen. Es handelt sich um dererlei Einweihungsritualen (so bezeichne ich es jetzt mal) um selbst gewählte, von der eigenen Seele erwünschte Treppenstufen hoch zum eigenen Licht. Erst abends, als ich kurz vorm Einschlafen war, wurde mir bewusst, wie mutig es für Außenstehende wirken könnte, im Nebel auf einem Berg rumzulaufen, den man nicht kennt. Doch es erforderte überhaupt keinen Mut, weil ich so in Gott war. Das wurde mir aber erst abends bewusst, als ich die Fotos sah. Als ich sie machte, war ich staunend und verzückt, aber nie in Angst. Spannend ist jedoch, dass mir die sieben Stunden lang nicht bewusst war, wie viel Frieden trotz des zeitweisen Widerstands in mir war und wie tief ich in mir selbst ruhte. Das wird mir jetzt erst bewusst, wo ich wieder unten bin und zurück schaue. Ich war in Gott und habe ihm die ganze Zeit vorgeworfen nicht wahrnehmbar zu sein. Weil ich nichts hörte. Doch wäre ich von der Erwartung zurückgetreten, mein Licht zu hören, hätte ich seinen Schutz wahrgenommen, der die ganze Zeit über mir lag. Jetzt erst dämmert mir, dass ich eine Spiegelung des Lebens erfahren habe. Wenn wir wieder zurück im Licht sind, wird uns auffallen, dass wir die ganze Zeit beschützt wurden und es aufgrund unserer seltsamen Vorstellungen nicht wahrnehmen konnten. Von diesem Tag auf dem Berg nehme ich mit, dass es mir Freude und Tiefe schenkt meine Komfortzone zu verlassen und dass ich noch mehr darauf vertrauen darf in Gott zu sein, wo auch immer ich einen Fuß hinsetze. Ich kann nirgends anders sein. Ob ich in einer Grotte oder im Supermarkt bin, ich kann immer nur durch seinen Frieden gehen. Ich verlasse ihn nur scheinbar. Genau dann, wenn ich mir ein eigenes Bild davon mache, wie Gott sich anzufühlen hat.
Danke, mein Licht.
Comments